Das Pärchen schaut interessiert zu mir herüber. Wat kieken die denn so blöde, denke ich. Wir stehen an der Fußgängerampel am Hermannplatz und warten auf das Grün.
Ich höre, wie die junge Frau ihrem Begleiter etwas zuflüstert. Dann drehen sich beide Köpfe wieder in meine Richtung. Jetzt beugt sich der junge Mann etwas vor, denn zwischen ihm und mir befindet sich der dicke Ampelmast und versperrt ihm die Sicht. Er grinst. Also, da wird doch der Hund inne Pfanne verrückt. „Kann man helfen?“, frage ich.
„Sorry“, sagt der junge Mann, „sorry.“ Seine Begleiterin zischelt ihm etwas ins Ohr. Dann höre ich „amazing“ und „so cool“ und denke: Aha. Not local. Aber was wollen die denn nun? Das sind zwar schmeichelhafte Worte, trotzdem bin ich verunsichert. Schnell schaue ich an mir herunter und stelle fest, dass ich komplett bekleidet bin. Gut. Und dann wird mir klar, dass sie sich für meinen Einkauf interessieren, den ich hier ganz offen in der Hand trage. Aber nicht für die Blumenspritze oder den Sechserpack langstielige Latte-Macchiato-Löffel, sondern für die drei kleinen Plastikpäckchen.
Sie beäugen die transparenten Tütchen mit dem getrockneten grünen Kraut darin. Prall gefüllt. Jeweils 15 Gramm. Ja logisch, wir sind ja hier am Hermannplatz, Freunde. Allet klaro. Mir schießt in den Kopf, dass das doch die Gelegenheit für ´ne schnelle Mark wäre. Könnte doch einen Beutel an die beiden verchecken. Nur heute zum Super-Sonder-Preis. Aber wenn die zwei Youngster aus Kalifornien stammen, fliege ich sofort auf. Also begnüge ich mich lediglich mit dem Späßchen, sie glauben zu lassen, dass hier alles „so free“ ist.
Die Ampel springt auf Grün. Wir laufen los. Da sehe ich gegenüber auf dem Platz am U-Bahneingang wie eine Gruppe von sechs Polizeibeamten und vier BVG-Sicherheitsleuten in neongelben Westen einen Mann umstellen. Noch im Gehen drehe ich das obere Tütchen um, so dass das große weiße Etikett mit der Aufschrift sichtbar wird: OREGANO.
Man weeß ja nie!
Foto: (c) montagmorgen.berlin
