Die Türen der U7 öffnen sich. Ich steige ein und schaue nach einem Sitzplatz. Alles voll, außer auf den Dreiersitzbänken neben der Tür. Wie immer ist nur noch der unbeliebte Mittelplatz frei. Blöd.
Auf der Bank auf der einen Seite sehe ich einen großen Mann, viel Mensch. Er hat sich schräg in eine Ecke gelümmelt und ein Bein ausgestreckt. Okay, denke ich, als ich den Krückstock sehe. Seine Mitsitzerin in der anderen Ecke ist eine junge Frau. Sie hat die Beine übereinandergeschlagen. Der Platz zwischen den beiden wird nicht reichen.
Auf der gegenüberliegenden Sitzbank hocken zwei Männer mit ziemlich weit auseinanderfallenden Knien. Na gut, seufze ich innerlich und lasse mich auf den Mittelplatz plumpsen. Ich stelle meine Beine schulterbreit auf, mache den Rücken gerade. So Freunde, jetzt wird‘s sportlich, frohlockt meine innere Stimme. Wie bei den Squats im Gym. Die Übung ist übrigens super für die Oberschenkelmuskulatur.
Links und rechts berühren meine Beine die meiner Sitznachbarn. Nicht dass ich darauf scharf wäre. Hell, no! Im Gegenteil. Aber was willste machen? Der Typ links bewegt sich keinen Millimeter. Als wäre er schockgefroren, schaut er konstant auf sein Handydisplay. Der Mann rechts von mir musterte mich von oben bis unten. Das kann ich aus dem Augenwinkel erkennen. Na Freundchen, da kiekste, wa?
Er drückt seinen Poppes einen Hauch von mir weg. Millimeterarbeit. Eine Augenlaser-OP ist dagegen ein grobschlächtiges Unterfangen. Jetzt bewegt er auch sein linkes Bein. Trommelwirbel. Vielleicht ist er Hochseilartist? Oder er malt feinste Aquarelle mit dem Fuß? Diese Präzision, mit der er es schafft, das Knie um nur wenige Nuancen in seiner Position zu verändern. Wow. Immerhin haben wir jetzt nicht mehr ganz so viel Kontakt.
Ich spüre, wie er mich wieder ansieht. Ich dagegen gucke unverdrossen geradeaus. Ja, Alter wat denkst du? Dass ick mir hier mal elejant wegfalte? So sitze ich die nächsten zwei Station da und bin mit mir und meiner Welt ganz zufrieden. Da schaut mich die junge Frau von gegenüber an. Ihr Blick geht nach links, dann nach rechts und in die Mitte zu mir. Sie grinst und stellt ihre Beine nebeneinander. Ich lächle zurück. An der nächsten Station steigt der präzisionsmalende Akrobat kopfschüttelnd aus.
Später erzähle ich meiner Tochter von meiner U-Bahnfahrt und dass ich das ab und zu mache, zwischen zwei Kerlen sitzen und die Beine schulterbreit aufstellen, wenn die Situation es erfordert. Als Gegenmaßnahme. Sie sagt, sie täte das auch manchmal. YES! High Five, mein Kind. Anti-Manspreading-Move könn wa! Was das ist? Ach so, ja also das ist, wenn… Schnauze! Anti-Mansplaining jeht ooch.