Ich stehe an der Kasse im Supermarkt an. Wie immer ist mein Einkaufswagen ganz schön voll. Innerlich bereite ich mich schon darauf vor, gleich schnellstmöglich alles auf das Band zu befördern.
Das macht mir immer ein bisschen Kribbeln im Bauch. Hoffentlich bin ich schnell genug und in manchen Supermärkten ist das Band so kurz, dass gar nicht alles drauf passt. Dann fängt der Mensch an der Kasse bereits an zu scannen, während ich die letzten Sachen noch oben auf das bereits vorrückende Band lege. Anschließend muss ich schwuppdiwupp mit dem leeren Wagen nach vorne düsen, um zack alles wieder hineinzubefördern. Familien-Wochenend-Einkauf.
Ich bin voll in Action. „Hallo, na wie geht es dir?“, fragt eine Stimme hinter mir. Oh nee, nicht jetzt! Ich kann jetzt nicht. Ich packe eine Packung Fischstäbchen auf das Band. Doch ich bin nicht gemeint. „Äh, gut?“, höre ich. Die Antwort kommt etwas zögerlich. „Na, das freut mich. Schön dich hier zu sehen“, sagt die erste Stimme. „Äh, danke?“, erwidert die zweite Stimme. Da es mir bei meiner Körpergröße sowieso unmöglich ist, alle Dinge über den Schiebebügel greifend aus dem Einkaufswagen herauszunehmen, gehe ich um das Gefährt herum, um von der niedrigeren Vorderseite aus die letzten Tomaten auf das Band zu legen. Nun blicke ich in Richtung der Schlange, die sich hinter mir gebildet hat.
Eine Frau mit einem Einkaufskörbchen hat sich zu der Frau gestellt, die hinter mir ansteht. Sie strahlt sie an: „Na, kennen wir uns nicht über Anna?“ „Anna?“, fragt die andere zurück. „Ja, die Mama von Paul. Wir kennen uns doch!“ Wieder vergeht eine interessant lange Sekunde. „Ich glaube nicht“, antwortet die angesprochene Frau schließlich und schiebt ihren Einkaufswagen etwas vor. Dabei rutschen drei Apfel-Mango-Quetschies zwischen die Bananen. „Das ist merkwürdig, aber ich denke wir kennen uns“, erwidert die Körbchen-Frau „über die Kinder … ja, ja, über die Kinder, ist schon eine Weile her. Meine Kinder gingen in die Zwergen-Kita.“ Die Einkaufswagen-Frau runzelt die Stirn. Die andere fährt fort: „Die Kita da oben an der großen Straße … naja, nee, ist eher eine kleine Seitenstraße … Grundschule … kann das sein … wir kennen uns von der Grundschule?“
„Also ich glaube, da gibt es keine Verbindung“, sagt die Einkaufswagen-Frau. Pause. „Ach, du bist ja gleich dran“, bemerkt die Körbchen-Frau und hebt entschuldigend die Schultern „ich muss dann mal … nach hinten.“ Sie deutet mit einem Kopfnicken zum Ende der Schlange. „Ist das alles, was du hast?“, fragt die vermeintliche Anna-Freundin.„Dann geh mal vor.“ Die Körbchen-Frau packt Äpfel, ein Dinkelvollkornbrot und Dino-Müsli auf das Band. „Du echt nett von dir!“, sagt sie. Anna und Paul, denke ich. Soso. Fehlt nur noch Frau Müller. Ich hätte sie auch vorgelassen, sie hätte einfach nur fragen müssen. Mamis halten doch zusammen.
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