Alles in Butter? Efendi muss einkaufen

Donuts in Verkaufsauslage

Ihr wisst ja, ick jehe jerne eenkoofen. Muss ja sein. Mal fehlt die Butter. Mal ein Ei. Macht aber auch Spaß. Der neueste Hit aus dem Multi-Kulti-Melting-Point-Discounter am Oranienplatz. Los jeht’s.

Der ältere Herr irrt durch den Discounter.
Er trägt Mantel und schwarze Schuhe mit kleinem Absatz.
Typisch für die türkischen Männer der ersten Einwanderergeneration.
Kleines Häkelmützchen, weißer Vollbart.

Er schaut sich um. Er sucht.
Doch was?
Ich möchte fragen: Kann ich helfen?
Doch darf ich das?
Darf ich Weibsbild einfach so einen älteren Herrn ansprechen.
Er kommt mir zuvor:

„Wo Butter?“
„Ah, ja, dort hinten“, antworte ich. „Kommen Sie mit.“
Wir gehen am Regal entlang.
„Dort.“
Butter für alle Geschmäcker. Süßrahm. Bio. Deutsche Marken Butter. Irisches Weideglück.
Der Mann schaut mich an.

„Welche gut?“
Tja, als ob ich das wüsste. Für mich ist Butter Butter. Warum muss es alleine in diesem Geschäft zehn verschiedenen Sorten geben?

„Frau sagen: Butter.“
Aha. Und nun bin ich qualifiziert, welche Sorte die Beste ist?
Ich überlege.
Dan frage ich: „Was will Ihre Frau damit machen? Backen?“

Vollversammlung am Kühlregal

Der Mann macht ein ratloses Gesicht.
„Wissen Sie, wofür Ihre Frau die Butter braucht?“
Ratlosigkeit.
Auf beiden Seiten.
Ich spreche eine junge Frau an. Ich hoffe, dass sie türkisch spricht.
Tut sie.
Ich bitte sie, zu übersetzen.
Der Mann nickt.

Dann entspinnt eine lange Diskussion zwischen den beiden.
Zwei rundliche Damen in langen Mänteln und Kopftüchern mischen sich ein.
Ja, die können bestimmt backen, denke ich.
Im Nu ist die Gruppe am Kühlregal beachtlich angewachsen.

Schön, dass der Discounter seine Filiale vor einem Jahr umbauen ließ. Die großzügigen Räume bieten nun die Möglichkeit für derartige Versammlungen. Das ist sehr nett, dass auf diese Weise die Demokratie gefördert wird.
Ein reger Austausch beginnt.

Ich höre das Wort: Baklava.
„Also doch backen!“, rufe ich vergnügt in die Runde.
Arabische Wortfetzen dringen an mein Ohr.
Zwei Hipster Männer mit süß hochgekrempelten Strickmützchen kratzen ihre Bärte und beteiligen sich mit „Yeah, butter, man!“ am Gespräch.

„Wie viel will sie denn backen, die Frau?“, möchte ich wissen und fordere die junge Frau auf: „Los übersetzen Sie mal!“
Eine Frau ruft 200 Teile. Die nächste triumphiert: 400.
Sie will 400 backen.
Mashallah!

Wie viel Butter braucht man wohl dafür?
Ein Mitarbeiter räumt neben uns unverdrossen die Gouda-Käse-Scheiben-Pakete ins Regal.
Die Gruppe umzingelt ihn.
Er sieht nicht wie ein Zuckerbäcker aus.
Doch nun wird er bestürmt. Wie viel Butter soll der Mann kaufen?

Die arabische Fraktion eilt voran. Gestikuliert.
Bis eine junge Frau ruft: „Wallah, er hat keine Ahnung, man!“
Na jetzt ist der Teufel los.
Alle reden durcheinander.

Nun kommt die Stunde des älteren Herrn, den ich sowieso innerlich ehrfürchtig Efendi nenne. Er hebt beschwichtigend die Hände. Kraft seiner Autorität als ältestes Mitglied dieser Zusammenkunft sorgt er für Ruhe.

In Berlin kannste alles sein: auch energisch

Also zurück auf Anfang.
Die Frau will backen. Efendi soll Butter kaufen.
Die Gruppe kommt überein, dass er zehn Päckchen kaufen soll: 2,5 Kilogramm.
Da könne man nichts verkehrt machen.
Butter könne man schließlich immer gebrauchen.
Die Päckchen werden in eine kleine Pappstiege gepackt.
Ratlos steht Efendi im Gang. Viel Butter hat er da im Arm.

„Kosten?“, fragt er.
Da mischt sich eine Verkäuferin ein.
Die Stacheln ihrer blondierten Kurzhaarfrisur wippen angriffslustig.

„Nee, nee. Dit schmeckt schon, hier wird nüscht jekostet!“
Streng blickt sie durch ihre pink umrandete Brille. Der Zeigefinger mit dem gleichfarbigen Nagellack auf dem langen Kunstnagel zeigt Richtung Kasse.
„Jetz’ ist aber Schluss hier.“

Das war’s. Efendi trottet zur Kasse. Jeder geht seiner Wege.

Ich sollte mal wieder backen.

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