Hallo!? Erde an Mensch mit Smartphone in der Berliner U-Bahn. Kürzlich wurde ich Zeuge eines spektakulären Ereignisses. Es ging um Millimeter. Soviel sei verraten.
Menschen drängeln sich auf dem Bahnsteig. Im Berufsverkehr ist es richtig voll. Manchmal lasse ich eine oder zwei Bahnen durchfahren. Hat eh keinen Sinn den ersten Zug zu nehmen – er wird zur Bummelbahn und verliert mit jedem Halt an Abstand auf den nachfolgenden Zug.
Gerne weist der Zugführer darauf hin, man könnte den nächsten Zug nehmen, der käme ja gleich. In den Worten des Zugführers klingt das so: „Leute, der nächste Zuch is hinten dranne.“ Versteht natürlich jeder Tourist aus Albanien oder Zimbabwe, der unsere schöne Hauptstadt besucht. Also lieber warten.
Alles so schön langsam hier
Auf der Treppe zwischen den Bahnsteigen schieben sich die Leute langsam voran. Besonders hübsch morgens im Berufsverkehr, wenn die Menschen gedankenverloren noch eine Textnachricht fertig schreiben. Schritt für Schritt, mühsam wie Greise, erklimmen sie die Stufen. Ich bleibe am Rücken meines Vordermannes kleben. Ja, klar, nehme ich halt den nächsten Zug.
Mittlerweile plane ich immer etwas extra Zeit ein. Damit ich mich nicht mehr ärgern muss. Ist das nicht toll? Das ist die verrückteste Form der Entschleunigung. Wo früher die Mantelsäume der 2-Stufen-auf-einmal Sprinter wehten, regiert jetzt gelassenes Trotten mit gesenktem Blick. Zeit im Wandel. Stadt im Wandel. U-Bahn im Wandel. Times are changing.
Auf den Bahnsteigen blicken alle auf ihre Smartphones. Ruhig, konzentriert. Jeder für sich. „Ey, wat kieksten so blöde“, stirbt aus. Ich mag das. Die Befriedung der Bahnsteige wurde auch allerhöchste Zeit. Und die Verlangsamung geht weiter.
Fotofinish an der Bahnsteigkante
Menschen steigen nachrichtenschreibend aus der Bahn aus. Was den Ein- und Ausstiegsprozess erheblich verlängert, doch die U-Bahn hat einen Fahrplan einzuhalten und schnell ertönt das Abfahrtssignal. Meist stehen noch mehrere Personen auf dem Bahnsteig. Das Signal soll die Träumer wohl aufschrecken. Gelingt nur bedingt.
Ein junger Mann trägt sein Smartphone vor sich her. Das Display zeigt einen Whatsapp-Chat. Pling. Das charakteristische Geräusch ertönt. Dann das warnende Signal: Düüü – düüü – düüü. Nach Alt-Mariendorf zurückbleiben. Wird der Mann es schaffen? Er hebt den Fuß, schiebt die Zehenspitze nach vorne. Slowmow. Fotofinish. Handy und Fußspitze bilden eine Linie.
Schnapp. Wie eine fleischfressende Pflanze schließen die Zug-Türen. Jetzt sollte das Opfer dazwischen klemmen. Die Zugtürpflanze kriegt das Smartphone nicht zu fassen und verfehlt seine Beute. Fast währe sie in den Spalt zwischen Zug und Bahnsteigkante gefallen. Mind the gap between Plattform and train.
Smombie im Glück
Die U-Bahn fährt an. Der junge Mann steht auf dem Bahnsteig. Die rechte Hand hält das Gerät in unveränderter Position. Hat er überhaupt bemerkt, was gerade passierte? Ich war schon immer fasziniert davon, wie Menschen derart bedenkenlos durch die Welt wandeln können. Irgendwie schaffen sie es, nirgendwo anzustoßen. Von Kindern und alkoholisierten Personen sagt man das gleiche: Sie fallen immer weich. Und Katzen landen auf den Pfoten.
Smombies haben hundert Schutzengel.