In der Umkleidekabine beginnt der Wandel

bunter Strauß Tulpen

Lasst euch vom Blitzeis heute Morgen nicht irritieren: Die Kältewelle in Berlin ist vorbei. Jetzt ist Zeit für den Frühling. Ein willkommener Anlass, um mit ein paar neuen Klamotten die Laune zu verbessern. Rein in die Umkleidekabine … Aber ich will nicht trumpeten.

Es ist Montagmorgen und ich sitze im Büro. Ich könnte die Zeit viel besser nutzen, zum Beispiel beim  – tataaa – Shopping. Ich gehe gerne einkaufen. Oder wie die Jugend sagt: Looten. Abgeleitet vom englischen Wort „loot“ für „Beute“. Dabei trifft man tolle Leute, die tolle Sachen kaufen. Und in Umkleidekabinen finden erstaunliche Gespräche statt.

Stimmen von nebenan

Also, neulich war ich shoppen.
Bei H & M.
Ich ging in die Umkleidekabine. Soweit nichts Ungewöhnliches. Plötzlich hörte ich aus einer Nebenkabine, wie sich zwei junge Frauen unterhielten, zwei Mädchen. Ich nehme an sie waren jung. Ich sah sie nicht, aber den Stimmen nach zu urteilen – und der Wortwahl.

Mädchen 1: „Nice! Oh, wie nice!“
Ich runzelte die Stirn. So spricht man heute?

Mädchen 2: „Ja, meinste?“
Daraufhin Mädchen 1: „Nice! Get it Mädchen, get it!“
Ich spitzte die Ohren. Die Sache wurde interessant.

Mädchen 2 fragte nun: „Sitzt bisschen stramm am Poppes.“
Und bekam prompt die Antwort von Mädchen 1: „Nee! Wie viel?“
Mädchen 2: „Five twenty.“
Mädchen 1: „Five twenty? Uuuh. Nice. Get it!“
Ich grinste. Bis über beide Ohren. Ach, was! Bis zum Haaransatz.

Nice! Vor allem am Poppes.

Dann sah ich in den Spiegel. Die Hose, die ich gerade anprobierte, saß gut.
Also, ich meine: Nice! Vor allem am Poppes. Maybe I should get it!?

Beim Abendessen erzählte ich meiner Familie von der kleinen Hörspielszene in der Umkleidekabine.
Alle lachten. Zwei Wochen später war die 11-jährige Tochter mit ihrem Vater shoppen.
Bei H & M.
So wurde mir berichtet.

Die Tochter ging mit verschiedenen Kleidungsstücken in die Umkleidekabine.
Der Papa trabte hinter und setzte sich brav. Dann trat das arglose Mädchen mit dem ersten Kleidungsstück aus der Kabine – und oh weh … der Mann konnte es nicht lassen!

Vater: „Uuuh, nice!“
Die Tochter blieb stumm.
Sie blickte entsetzt.

Vater: „Nice. Get it Mädchen, get it!“
Tochter: „Papa, lass es!“
Sie zischte die Worte.

Vater: „ How much is it?“
Tochter: „Papa, das ist sooo peinlich!“
Sie rollte die Augen.

Frischer. Moderner. Jünger.

Heute Morgen fragte mich meine Tochter nach meinem peinlichsten Erlebnis. Nun, ich werde es hier nicht erzählen. Aber sollte jemand in zehn Jahren meine Tochter nach einem schrecklich beschämenden Moment in ihrer Jugend fragen … ich habe eine Vermutung, welche Geschichte es wäre. Wenn Eltern die Sprache der Kinder übernehmen, wird es unfly.

Andererseits: Vielleicht lege ich mir statt neuer Kleidungsstücke im Frühling ein neues Vokabular zu. Etwas frischer, moderner, jünger. Wäre doch hübsch oder unlügbar lit, wie junge Menschen sagen. Besonders mag ich den Ausdruck: Geht fit. Was sich nicht auf Pullover oder Hosen bezieht, sondern soviel heißt wie: in Ordnung, wird gemacht.

Läuft bei mir.

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