Am Wochenende war ich im Fitnessstudio. Dort ist es momentan ziemlich voll. Gute Vorsätze für das neue Jahr treiben die Leute auf die Laufbänder und in die Zumba-Kurse. Hinterher geht’s zur Entspannung in die Sauna. Entspannung? Ach, seufz …
Trainieren, schwitzen, duschen … ich durfte mir auf die Schulter klopfen. Sport – erledigt. Jetzt kam der beste Teil: Ich ging in die Damensauna. Auf der oberen Bankreihe lagen zwei Frauen. Die eine, ich hatte mich auf die nächste Etage unterhalb der beiden gelegt, atmete lang und geräuschvoll aus. PFFFFFFFFF. Ich horchte auf.
Zwei Atemzüge später wieder. PFFFFFFFFF. Ich war irritiert, auch von dem leichten Schweißgeruch den sie verströmte. Zwei weitere Frauen betraten die Sauna und wir hockten zu fünft in der Schwitzhütte. „HAAACH!“, machte die eine und die andere nickte. Ich setzte mich in eine aufrechte Position, drehte meiner ehemaligen Nebenfrau, die seufzte und leicht roch, den Rücken zu und blickte geradeaus.
Die Seufz-Schweiß-Frau in meinem Rücken stand auf schnaufte noch einmal ausgiebig. Ich bemerkte, dass sie wohl längere Zeit nichts gegessen haben mochte. Jedenfalls ließ ihr Atem, der mir in den Nacken wehte, darauf schließen. Kennt ihr das? Diesem olfaktorischen Übel begegnet man oft am Morgen in der U-Bahn. Nicht nur am Montagmorgen. UAAAH, dachte ich.
Wo bleibt die Entspannung?
Kurze Zeit später verließ ich die Sauna und duschte kalt. Als ich den Ruheraum für Damen betrat, plumpste gerade eine Frau laut ächzend in einen Liegestuhl, der daraufhin ebenso ächzte. „HAAACH!“, machte die Frau. Ich suchte nach einer freien Liege. Der einzige freie Platz war neben der Seufz-Schweiß-Frau. Sie lag auf dem Rücken und hatte ihre Arme hinter dem Kopf verschränkt. UAAAH, dachte ich.
Das ist keine Entspannung. Also ging ich in den gemischten Ruhebereich für Damen und Herren. Das ist allerdings immer ein akustischer Alptraum. So auch heute: „HAAACH!“, seufzte es nun zwei Oktaven tiefer. Ein Typ schnarchte. Geräuschvoll wurde eine Liege über den Fußboden gezogen, dazu raschelten Zeitungsseiten. Jetzt hustete mein Nebenmann und zog CHRRRRR die Rotze hoch. UAAAH, dachte ich.
Sonntagnachmittag oder Montagmorgen?
Was müssen die Menschen doch für eine schwere Last mit sich herum tragen, die sie – wo bitteschön auch sonst – im Ruheraum im Spa-Bereich eines Fitnessstudios von ihren schmalen Schultern atmen müssen. Der ganze verdammte Weltschmerz entlud sich hier. Anscheinend gab es nichts Schlimmeres, als an einem Sonntagnachmittag Sport zu treiben und anschließend ein bisschen zu entspannen. Montagmorgen etwa? Nur so eine Idee …? Nee. – Wieder hustete einer.
Ich musste an Thomas Manns Zauberberg denken. Lange ist es her, dass ich das in der Schule gelesen hatte. Spielte das nicht in einer Lungenklinik? So stellte ich mir den Aufenthaltsraum dort vor. Husten, schnaufen, lungerasseln … jetzt wollte ich den anderen auf die Schulter klopfen. „Wird schon wieder!“, wollte ich ihnen sagen. Wo war ich hier? Im Spa oder im Spital?
Gute Vorsätze 2018: Platz 1 – Stress vermeiden
Ich beschloss die Geräusche in diesem Ruheraum für eine Achtsamkeitsübung zu nutzen. Stress vermeiden ist die Nummer Eins der guten Vorätze 2018. Los ging’s. Ich atmete tief in den Bauch, selbstverständlich geräuschlos! Übte mich in Gelassenheit und empfand Mitleid mit den seufzenden Geschöpfen. Nach zehn Minuten stand ich auf und ging erneut in die Damensauna.
Eine Frau war in der Schwitzhütte. Sie sagte nichts, sie schnaufte nicht und schon nach kurzer Zeit ging sie. Nun war ich alleine in der Sauna. Es war ganz still. Es war heiß. Ich schwitzte. Und dann holte ich tief Luft und ließ mit einem schnellen Stoß den Atem wieder heraus: „HAAACH!“, seufzte ich. Das tat gut. Also doch noch Entspannung … am Ende. Allet jut!