Alles klar? Efendi beim Zahnarzt

Gebiss und Instrumente beim Zahnarzt

Sprichwörtlich laut geht es zu in der Zahnarztpraxis am Kottbusser Damm, in die ich seit 20 Jahren gehe.  Früher saßen ältere Frauen mit Kopftüchern im Wartezimmer. Heute sprechen die Zahnarzthelferinnen fließend Englisch.

Aber das hilft auch nicht immer. Aus dem Lebensmitteldiscounter zwei Häuser weiter ist ein Biosupermarkt geworden. Oh, well. Zeiten ändern sich. Dich. Mich. Was geblieben ist, ist das leicht mulmige Gefühl, das mich beschleicht, wenn ich auf dem Behandlungsstuhl Platz nehme. Dort sitze ich jetzt und muss warten. Dabei bin ich für jede Ablenkung vom Gedanken an die bevorstehende Behandlung dankbar.

Im Nebenzimmer höre ich die kräftige Stimme des Zahnarztes, der einem Patienten erklärt: „Wir machen eine Krone und bauen eine weitere daran. Wie einen Balkon.“ Aha. Ok. Ich hatte einen älteren Herrn hineingehen sehen. Quasi ein Stammgast, so wie ich. Jetzt schaut Efendi bestimmt verwirrt, gibt aber nicht zu, dass er kein Wort verstanden hat. „Dann können wir nicht nur den Zahn überkronen sondern, auch die Lücke schließen. So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe!“, triumphiert der Zahnarzt.

Pause. „Also, wie wir so sagen“, fügt er etwas ruhiger hinzu. Ob das hilft? Er meint es sicher gut, aber eine Sprache versteht man nicht besser, wenn sie laut vorgetragen wird. Vermutlich schaut der Patient ihn jetzt mit großen Augen an. Der Schnauzbart bebt. Schlagen? Fliegen? Nun möchte er doch wissen, was los ist und schlägt vor, seine Tochter anzurufen. „Muss Telefon“, sagt Efendi mit fester Stimme. „Nee, nee! Dit jeht jetz‘ nich“, unterbricht die energische Assistentin im Behandlungszimmer. Der Zahnarzt erklärt erneut.

Efendi muss vertrauen. So wie er es schon viele Jahre getan hat. Alles wird gut. Mashallah! Ich versuche mich auf andere Dinge zu konzentrieren. Man will ja nicht lauschen. Die Vorhänge an den Fenstern im Haus gegenüber haben ein interessantes Muster. Es dauert noch etwas, dann geht die Tür auf. Der Zahnarzt erscheint und fragt fröhlich und laut: „Na, was kann ich denn für dich tun?“

Äh, wir wollten doch über die Krone reden …

 

 

Foto: (c) Tim Reckmann / pixelio

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