Mitten in Berlin: Sächsisch in der Weihnachtszeit

glänzende Kugeln an Weihnachtsbaumbaum

Wie passen ein Buick, Sächsisch und Weihnachten zusammen? Die Antwort ist einfach: In Berlin geht ja so ziemlich alles. Gloobste nicht? Is aber so. Eine kleine Weihnachtsgeschichte …

Ich lief in Richtung Oranienplatz. Es war ein sonniger Morgen im Dezember. Bei Sonnenschein bekomme ich immer gute Laune und steige auch mal eine U-Bahnstation eher aus. Dann gehe ich zu Fuß. Fit vor Weihnachten. Prophylaktisch. Den Festtags-Speck schon im Vorfeld abtrainieren. Geht das?

So ging ich leichten Schrittes durch Kreuzberg. Stapf durch die Kotze am Kotti hatte ich schon hinter mir gelassen. Nix los hier. Vielleicht zu früh. Zu hell. Zu fröhlich für die Nachtgestalten.

Weck den Sachsen in dir: Ä Tännschen

Ich hörte eine tiefe Stimme. Undeutlich. Was sagte sie?
Ich verstand es nicht.
Wer sprach dort?
Ich sah niemanden.
Ein Motor blubberte vor sich hin.
Wieder murmelte der Unbekannt.
Ich blieb stehen und schaute mich um.
Nüscht. Niemand.
Hä?

Weiter ging’s.

„Ä Tännschen“

Hä?
Woher kam die Stimme?
War das ein Witz?
Ich musste an eine ehemalige Professorin denken.
Sie stammte aus Dresden und sprach gerne von „den Mädschen“
– also Hochdeutsch: den Medien.

„Ä Tännschen“

Ein Signalton gesellte sich dazu.
Miiiep – Miiiep – Miiiep.
Sachsen-Bashing?
Mitten in Kreuzberg?
Hä?

„Ä Tännschen – graaarh heckhab“

Der Unsichtbare sprach in fremden Zungen.
Ich konnte die Geräusche nicht recht einordnen.
Mysteriös.
Aber in Berlin jib’s ja jenuch Spinner.

Weihnachtsbaum? Christbaum? Tannenbaum?

DENKSTE! Dann sah ich den schwarzen Buick, der im Rückwärtsgang die Straße herunter kam.
Schwer. Etwas behäbig.
Ein Titan der Straße.
Spritverbrauch: 25 Liter.

„Ä Tännschen – the car is backing up!“

Na holla, jetzt aber uffjepasst. Attention. Attention.
War dit schön. Und dann auch noch in der Weihnachtszeit.
Liebe Sachsen, euer Dialekt ist toll. „Ä Tännschen“

Das aufmerksame Auto sprach mit seinem Fahrer: Attention – the car is backing up! Die blecherne Stimme wiederholte ihre Warnung aufs Neue. Miiiep – Miiiep – Miiiep. Na haste Töne. Haste sowat schon mal jesehen? Nee.

Ich blieb stehen und beobachtete das Manöver. Da stand ich im grauen Berlin (auch wenn die Sonne scheint, wird die Stadt im Winter nicht hübscher) und lauschte einem alten amerikanischen Straßenkreuzer. Unablässig informierte die Stimme im Wageninneren den Fahrer über die eingeschlagene Richtung. Ich hoffte, der Mann hätte dies schon vorher bemerkt.

Für einen Moment war es schön. Aber dauerhaft? Bei jedem Einparken würde der amerikanische Sachsensound durch das Fahrzeug schallen. Es würde mir wohl etwas auf den Keks gehen … nicht nur in der Weihnachtszeit.

 

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