Kinderwelt: Zahnfee in Coronazeiten

Kindermund mit Zahnlücke

Es passierte an einem Donnerstagmorgen. Das Kind stand vor mir und grinste, in seinem Mund eine blutige Zahnlücke. Der Eckzahn fehlte.

Das Kind ist nicht mehr ganz so klein und es war schon eine Weile her, dass ein Milchzahn ausgefallen war. „Oh“, sagte ich „tut es weh?“ „Nö!“ antwortete das Kind voller Stolz. Dann nahm es den rotbraun verschmierten Zahn, steckte ihn in eine kleine Holzdose, die wiederum – schwupps – unter das Kopfkissen. Ready for Zahnfee.

Zwei Wochen später stürmt das Kind in die Küche. „Die Zahnfee ist so eine Bitch!“ Oups. Wie bitte? „Hey, hey“, antworte ich und versuche unnötiger Weise der Situation noch einen pädagogisch wertvollen Bildungsansatz zu geben in dem ich hinzufüge: „Watch your language, little man!“ Fehler. Das Kind schaut mich wütend an und die Teenager-Tochter rollt mit den Augen. „Wieso dauert das so lange?“ Der Elfjährige ist wirklich aufgebracht. Okay, wenn die Kinder etwas größer werden, sind ausgefallene Milchzähne nicht mehr das wichtigste Thema. Ich bin etwas aus der Übung. Ich habe es vergessen.

Mit zwei älteren Geschwistern weiß das Kind natürlich längst, was los ist. Ihm ist klar, dass die Helden seiner Jugend in Personalunion vor ihm stehen. Es ist ja kein Kleinkindmehr. Es weiß, dass ich je nach Saison geputzte Schuhe fülle, Schlappohren und ein Körbchen mit Schokoeiern trage und nun ja, gelegentlich 2-Euro-Münzen unter Kopfkissen lege. „Ich warte jetzt schon seit 14 Tagen! Warum kommt die Zahnfee nicht?“ Der Vorwurf steht bleischwer in unserer Wohnküche. Gute Frage. Ich weiß nicht recht, wie ich aus der Nummer wieder herauskommen soll.

Da springt mein Ältester für mich in die Bresche und rettet mich. Mit seinem jugendlichen Bass brummt er: „Vielleicht war sie in Quarantäne.“ „Genau“, rufe ich dankbar und leider eine Spur zu laut. Das Kind lässt seinen Blick zwischen mir und den dem großen Bruder hin und her flackern. „Was macht die Zahnfee eigentlich mit den ganzen Zähnen?“ fragt es schließlich.  „Weiß ich auch nicht“, lüge ich.

Pinocchio kann ich auch.

 

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